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02. Dezember 2020

Die Revolution: US-Startup bricht in den Versicherungsmarkt ein

Bereits 2017 beteiligte sich der deutsche Versicherer Allianz an dem US-Startup Lemonade Inc. So kommentierte man die Beteiligung auf der eigenen Webseite: „Die Partnerschaft passt hervorragend zu unserem Fokus auf Digitalisierung. Denn Versicherungstechnologie oder InsurTech verspricht eine Revolution der Branche.“

Was begeistert die eigentlich eher konservativen Allianzler derart? Was ist das revolutionäre Geschäftsmodell der Amerikaner?

Lemonade ist auf den ersten Blick ein ganz normaler Versicherer, der derzeit vorwiegend Risiken aus den Sachbereichen Hausrat, private Haftpflicht und Wohngebäude absichert. Das junge US-Unternehmen agiert auf dem US- sowie auf dem deutschen Versicherungsmarkt. In diesen Tagen greift man daneben in den französischen Markt aus. Dabei vertreibt man die Policen ausschließlich im Internet. Das allein ist noch nicht revolutionär, schließlich kennen die westlichen Versicherungsmärkte den Online-Vertrieb von Policen bereits seit rund 20 Jahren.

Das unterscheidet Lemonade von der konventionellen Konkurrenz: Letztlich war und ist der Versicherungsvertrieb in Europa immer noch wesentlich ein typisches Vertreter- und Maklergeschäft. Der Online-Kanal war letztlich immer ein ungeliebtes Kind der eher konservativ gestrickten Branche. Mit anderen Worten: Konventionelle Versicherer haben ihre Arbeitsläufe bestenfalls teil-digitalisiert. So liegt die Schadensabwicklung immer noch wesentlich in den Händen von Sachbearbeitern aus Fleisch und Blut. Ich behaupte: Der Grad der Digitalisierung des Versicherungsmarktes ist noch sehr ausbaufähig.

Und genau in diese Lücke stößt nun Lemonade. Das US-Unternehmen hat alle internen Arbeitsabläufe weitgehend digitalisiert. Die Schadensbearbeitung erfolgt mittels künstlich intelligenter Software. Folglich beackern die Amerikaner die großen Versicherungsmärkte der USA und Deutschlands mit einer Personalstärke von rund 300 Angestellten. Zum Vergleich: Der wichtige deutsche Sachversicherer VHV (Vereinigte Hannoversche Versicherung) beschäftigt deutlich über 3.000 Mitarbeiter nur im Innendienst. Sicherlich hinkt mein Vergleich teilweise, da die VHV im Sachbereich ein Vollsortimenter ist, der etwa auch komplexe gewerbliche Sachversicherungen anbietet. Davon ist Lemonade noch Lichtjahre entfernt.

Neuer Weltrekord: Schadensbearbeitung binnen von 3 Sekunden

Gleichwohl ist Lemonade der konventionellen Konkurrenz technologisch betrachtet um Lichtjahre voraus. Der Antragsprozess – etwa für eine private Haftpflichtversicherung – lässt sich binnen weniger Minuten auf dem Smartphone bewältigen. Dabei wird der künftige Versicherungsnehmer von einem Sprachroboter dialog-gestützt und quasi „idiotensicher“ durch die Antragsstellung geführt.

Aus der Webseite des US-Unternehmens habe ich indirekt herausgelesen, dass man inzwischen jede dritte Schadensmeldung vollständig automatisiert, also ohne menschlichen Eingriff bearbeitet. Zuletzt hat die Lemonade-Software einen neuen Weltrekord geschafft und eine einfache Schadensmeldung binnen von 3 Sekunden abgewickelt. Es versteht sich selbst, dass der geschädigte Versicherungsnehmer seine Zahlung ebenfalls binnen weniger Minuten erhalten hat. Zum Vergleich: Wenn ein deutscher Sachversicherer einen gemeldeten Schaden binnen 24 Stunden bearbeitet, ist das eine ganz seltene Sensation. Üblicherweise dauert die Schadensregulierung hierzulande immer noch mehrere Wochen, weil die Abläufe nur unzureichend digitalisiert und automatisiert worden sind. Bekanntlich sorgt diese Gemächlichkeit bei vielen Versicherungsnehmern im Schadensfall für Frustration.

Das Beispiel Lemonade verdeutlicht eindrücklich die Vorzüge der Digitalisierung und künstlich intelligenter Anwendungen. Solche Software ist kein Selbstzweck, sondern steigert die Kundenzufriedenheit und ermöglicht den Unternehmen schlanke und effiziente Arbeitsabläufe. Und am Ende verdienen dann solche Unternehmen einfach etwas mehr als jene, die noch in konventionellen Strukturen verhaftet sind.

Lemonade – Eine ganz frische Marke für den internet-affinen Verbraucher

US-Unternehmen sind dafür bekannt, dass sie nicht nur starke Produkte oder Dienstleistungen für den Endkunden entwickeln, sondern auch größten Wert auf die Entwicklung der Marke legen. Bekannte Beispiele sind etwa Tesla oder Apple. Das Apple-iPhone ist technologisch betrachtet auch nicht besser als das Samsung Galaxy-Gerät. Aber die Apple-Marke hat eine ganz andere Ausstrahlung, und so schafft das US-Unternehmen eine weit bessere Kundenbindung und damit auch bessere Renditen als der koreanische Konkurrent.

Wofür wird die Marke Lemonade stehen? Alles im Nu, dufte Preise und großes Herz! Das sind die Schlagworte, mit denen das junge InsurTech-Unternehmen für sich wirbt. Dabei bedient man auf frische Art und Weise das Bedürfnis der Kunden nach schnellen und unkomplizierten Lösungen, die man zu sehr marktfähigen Preisen anbietet. Daneben gibt sich das US-Unternehmen quasi einen weichen oder moralischen Anstrich.

Wenn also Ihre Lemonade-Hausratversicherung in einem Jahr schadensfrei bleibt, erstattet das Unternehmen einen Teil der Prämie als sog. Givebacks zurück. Diese Rückerstattung fließt freilich nicht Ihrem Konto zu, sondern wird für einen guten Zweck Ihrer Wahl verwendet. So schließt hier der Kunde nicht nur einfach eine schnöde Versicherung ab, sondern unternimmt am Ende auch noch etwas gegen den Klimawandel.

Kurzum: Das US-Unternehmen entstaubt auf diese Weise den Versicherungsvertrieb. Der Abschluss des Vertrags ist einfach und komfortabel, und die Erstattungspraxis im Schadensfall ist superschnell. Bleibt der Schaden hingegen aus, wirft man nicht einem „rendite-geilen“ Versicherer das Geld in den Rachen, sondern pflanzt gemeinsam mit Lemonade einen Baum in der Amazonas-Region oder unterstützt ein SOS-Kinderdorf in Afrika.

Zur Vermeidung von Missverständnissen: Der junge Versicherer arbeitet selbstverständlich genauso gewinn-orientiert wie jeder andere Versicherer in dieser Welt. Allerdings hat man zu Recht erkannt, dass dem Versicherungsnehmer eine Rückerstattung von – sagen wir – 20 Euro am Ende des Jahres nicht viel bedeuten wird. Fließt das Geld freilich in den Amazonas-Regenwald, fühlt sich das gleich viel besser an. So funktioniert erfolgreiche Markenbildung und Werbung. Sie müssen sich unterscheiden von der konventionellen Konkurrenz und Ihrer Dienstleistung einen emotionalen Anstrich geben.

Mit dieser Marketing-Strategie zielt das InsurTech-Unternehmen besonders auf eine jüngere und sehr internet-affine Kundschaft in der Altersklasse zwischen 20 und 40 Jahren. Das sind Menschen, die hauptsächlich im Internet – etwa bei Amazon, Zalando oder Delivery Hero – einkaufen, die ihre Finanzdienstleistungen nicht mehr bei der Deutschen Bank oder nächsten Sparkasse besorgen, sondern bei den FinTech-Banken wie N26 oder Trade Republic. Lemonade bedient also ohne Frage einen ganz wichtigen Trend unserer Zeit.  

Wachstum pur: Die harten Zahlen und die Partner des Startups

Die letzten Quartalszahlen bestätigen, dass das US-Unternehmen auf dem richtigen Weg ist. So hat man im Vergleich zum Vorjahr die eingenommenen Versicherungsprämien um 99 % auf knapp 189 Millionen USD gesteigert. Die Prämie pro Versicherungsnehmer legte um 19 % auf 201 USD zu. Zu Deutsch: Viele Lemonade-Kunde sind zufrieden und lassen dem Erstabschluss einen weiteren Vertrag folgen. Aber auch in der Neukundengewinnung arbeiten die Amerikaner erfolgreich. So betreute man per Stichtag 30. September über 940.000 Kunden und damit 67 % mehr als vor Jahresfrist.  

Erfreulich auch zudem die Entwicklung der Schadensquote, die man zum Vorjahr von 87 auf 72 % senkte. Was bedeutet ist? Obwohl die Lemonade-Policen im Niedrig-Preis-Segment angesiedelt sind, behält der US-Versicherer von 100 Euro Prämie 28 Euro im Unternehmen. Das ist für dieses Marktsegment ein ziemlich starker Wert.

Gleichwohl wird es noch einige Jahre dauern, bis das US-Unternehmen schwarze Zahlen schreiben wird. Zunächst zielen die Amerikaner auf die Gewinnung neuer Marktanteile, um möglichst rasch die benötigte kritische Größe zu schaffen. Ernten wird man erst später.

Diese Frage ist logisch: Ist der Wachstumskurs des Startup-Unternehmens solide unterfüttert? In jeder Hinsicht ja. Das US-Unternehmen wird von diversen Branchengiganten aus der ganzen Welt unterstützt. Wie bereits erwähnt ist die Allianz als Geld- und natürlich auch als Kompetenzgeber engagiert. Daneben agieren die Franzosen der AXA Gruppe als Geldgeber und stellen daneben die Rückversicherung für Lemonade. Ferner hat sich der namhafte Tech-Investor Softbank aus Japan an dem Startup beteiligt sowie die Alphabet-Tochter Google Ventures. Das ist eine ziemlich kraftvolle Investorengruppe, die sich hier rund um das junge US-Unternehmen versammelt hat.

Auch die bilanziellen Reserven des US-Unternehmens will ich nicht unerwähnt lassen. Zum Stichtag 30. September (3. Quartal) verfügte Lemonade über eine Liquidität von nahezu 600 Millionen USD, die aus diversen Finanzierungsrunden sowie dem diesjährigen Börsengang stammen. Mit anderen Worten: Das Startup bzw. sein Geschäftsmodell ist für die nächsten 3 bis 4 Jahre völlig ausreichend finanziert.

Maximales Renditepotenzial steht immer hohes Risiko gegenüber

Ich schließe diese Empfehlung mit einer Konkurrenzanalyse. Agiert Lemonade in einem konkurrenzfreien Marktumfeld? Ja und nein! Derzeit sehe ich als Profi im Markt kein anderes Unternehmen, dessen Geschäftsmodell vollständig dem der Lemonade entspricht. Zuletzt hat sich allerdings in Liechtenstein mit One Insurance ein waschechtes InsurTech-Unternehmen aufgestellt. Dabei werden die One-Policen hierzulande über den digitalen Versicherungsmakler Wefox GmbH aus Berlin vertrieben. Im Hintergrunde schiebt diese Verbindung die Branchengröße Münchener Rück mit Kapital und Expertise mächtig an.

Dennoch halte ich dieses Konkurrenzverhältnis zunächst für unproblematisch. Letztlich gilt: Der globale Markt für Sachversicherungen ist Billionen-schwer und bietet Platz für mehrere Player. Jeder, der hier halbwegs klug agiert, wird seine Marktanteile erobern. Hier sehe ich Parallelen zum europäischen Medikamentenhandel. Auch hier findet der Konkurrenzkampf nicht wirklich zwischen Zur Rose und Shop Apotheke stand, sondern zwischen den digitalen Playern (Zur Rose und Shop Apotheke) und den stationären Apotheken.

So sehe ich in der Aktie der Lemonade ganz außerordentliches Chancenpotenzial. Gleichwohl will ich nicht verhehlen, dass sich der InsurTech-Markt noch in einem frühen und unreifen Stadium befindet. Folglich wird die Aktie des Startup-Unternehmens in den kommenden Monaten erheblich in beide Richtungen schwanken. Kursveränderungen in Höhe von 6 bis 8 % auf Tagesbasis sind hier nicht selten.

Deshalb werde ich die Aktie mit einer reduzierten Gewichtung von lediglich 6 % – Regelgewichtung ist 10 % – für das NextGeneration-Depot anschaffen. Beachten Sie dabei bitte, dass die Aktie derzeit in Deutschland kaum gehandelt wird. Lediglich an der Börse Berlin werden momentan einige Stücke bewegt. So rate ich diesmal ausdrücklich zum Kauf an der Heimatbörse New York. Alle Details der Order entnehmen Sie bitte dem Kasten am rechten Rand.  

 

So kaufen Sie diese Empfehlung:

WKN / ISIN:                    A2P7Z1 / US52567D1072

Börsenplatz:                  NYSE

Limit:                               63,10 USD

Gewichtung:                   6 %

Depot:                             NextGeneration

Lemonade Inc.

WKN: A2P7Z1

Chart in USD seit IPO

So funktioniert die Lemonade-App

So kaufen Sie diese Empfehlung:

WKN / ISIN:                    A2P7Z1 / US52567D1072

Börsenplatz:                  NYSE

Limit:                               63,10 USD

Gewichtung:                   6 %

Depot:                             NextGeneration