8. Februar 2023
Gerresheimer: Der unterschätzte Verpackungsspezialist
Das Düsseldorfer Unternehmen entwickelt und produziert Glas- und Kunststoffbehältnisse zur Aufbewahrung von Arzneimitteln, Chemikalien und auch Kosmetika. Das hört sich zunächst nicht sonderlich aufregend an. Der erste Eindruck täuscht allerdings.
Die allermeisten von Ihnen sind 2020 und 2021 mit einem wichtigen Gerresheimer-Produkt in Berührung gekommen. Die Düsseldorfer produzieren nämlich die Injektions- und Durchstechfläschchen, in denen unsere Corona-Impfstoffe abgefüllt, transportiert und gelagert worden sind.
Diese Fläschchen werden selbstverständlich nicht aus NormalglasGlas ist das deutsche Wort für . Es bezieht sich auf ein hartes, sprödes und normalerweise transparentes Material, das durch Erhitzen einer Mischung aus Siliziumdioxid, Soda und Kalkstein auf hohe Temperaturen geschmolzen wird und dann abgekühlt und erstarrt. Glas hat viele Anwendungen, einschließlich als Material für Fenster, Spiegel, Linsen und Behälter. Es wird auch in der Elektronikproduktion, der Labortechnik und vielen anderen Produkten verwendet. hergestellt, sondern aus sog. Borosilikatglas. Dieses Material muss spezifische Merkmale erfüllen. Zunächst muss es chemikalienfest sein und im Inneren auch starken Säuren widerstehen. Üblicherweise werden diese Behältnisse in stark automatisierten Industrielinien abgefüllt. Diese Linien müssen heutzutage sehr, sehr schnell laufen (Machine Speed).
Folglich ist das Spezialglas weit stabiler und robuster und nimmt auch während des Transports so manchen Schlag hin. Ferner ist Borosilikatglas hochtemperaturbeständig und verträgt zudem starke Temperaturschwankungen.
Gerresheimer hat hier in den vergangenen Jahren zahlreiche innovative Produkte etwa unter dem Markennamen Gx RTF Vials entwickelt. RTF steht dabei für „ready to fill“, also die Fläschchen werden steril zur sofortigen Befüllung angeliefert. Die Entwicklung solcher Lösungen wird dem Bereich der Semi-Technologie zugeordnet.
Gerresheimer-Tochter kann die Mikropumpe
Aber die Düsseldorfer können weit mehr als medizinische Fläschchen. So produziert man alle Arten von Einmal- oder Mehrfach-Spritzen und diverse Inhalatoren, wie sie etwa Asthma-Patienten benötigen. Für Diabetiker produziert man Stechhilfen bzw. sog. Pen-Injektoren, mit denen sich der Patient eigenständig das benötigte Insulin verabreicht.
Ich fasse kurz zusammen: Bisher habe ich Ihnen das Brot- und Buttergeschäft der Gerresheimer vorgestellt. Diese Aktivitäten sind belastbar, robust und befinden sich in einem langfristigen Wachstumstrend, der unter anderem etwa vom demografischen Wandel unterstützt wird. Wir wissen als Börsianer, Gesundheit und Pharma geht an der Börse praktisch immer.
2018 hat Gerresheimer im schweizerischen Olten ein Startup namens Sensile Medical AG übernommen. Vereinfacht gesprochen sitzen in Olten die Tüftler und Entwickler des Konzerns. Sensile entwickelt im Auftrag größerer Pharmaunternehmen sog. Mikropumpen. Dabei wird eine kleine Apparatur direkt am Körper des Patienten angebracht und gibt das Medikament subkutan in vorab festgelegten Intervallen an den Patienten ab. Die Technologie namens SenseCore hat man sich durch ein Patent schützen lassen.
Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, dass diese Infusionspumpen nicht nur ultra-zuverlässig dosieren müssen, sondern zudem extreme Anforderungen an die Miniaturisierung stellen. Schließlich sind diese Am-Körper-Geräte mobil und verfügen folglich über einen Akku sowie eine Rotationspumpe, die den Wirkstoff über eine selbstständig aus- und einfahrende Nadel an den Patienten abgibt.
2019 hat die EU die erste Infusionspumpe der Sensile Medical zur Behandlung von Parkinson-Patienten zugelassen. Dabei gibt die Pumpe – je nach Erkrankungsgrad – sechs- bis zehnmal pro Tag den Wirkstoff Apomorphin automatisch an den Patienten ab. Vor allem Parkinson-Patienten im fortgeschrittenen Stadium sind aufgrund starker Einschränkungen der Motorik nicht in der Lage, sich den Wirkstoff selbstständig zu verabreichen.
Generell ist die Patientengruppe, die sich nicht mehr selbstständig ausreichend medikamentös versorgen kann, leider ziemlich groß. Etwa Demenzkranke sind in der Regel kaum in der Lage, eine medikamentöse Routine einzuhalten. Hier wirken automatische Systeme segensreich. Der Markt der medizintechnischen Mikropumpen gilt als ausgesprochen lukrativ.
Nach meiner Beobachtung ist die Mikropumpe als Insulinpumpe unter Diabetikern bereits ganz gut etabliert. Leider hat Sensile ausgerechnet in diesem lukrativen Segment bereits 2019 versagt. So hatte man einen Entwicklungsauftrag der Franzosen von Sanofi in der Tasche. Am Ende war der Pharmariese mit der Entwicklung jedoch nicht zufrieden und hat den Auftrag storniert.
Medizintechnik-Sparte startet durch – Wachstum von 75 %
Ungeachtet dieses Misserfolgs entwickelt sich die kleine Medizintechnik-Sparte (Advanced Technologies) im Konzern mittlerweile sehr günstig. So hat man im dritten Quartal den Umsatz von 1,5 Millionen auf 4 Millionen Euro fast verdreifacht. In den ersten 9 Monaten expandierte die Sparte gemessen am Umsatz um 75 %.
Kurzfristig hält sich natürlich die Relevanz dieser Aktivitäten noch in sehr konkreten Grenzen, wenn man bedenkt, dass die Einheit im dritten Quartal für rund 1 % des Umsatzes stand. Als Börsianer wissen wir allerdings, dass solche Aktivitäten immer einen gewaltigen Hebel haben. Was meine ich konkret?
Als Sanofi 2019 seinen Auftrag zur Entwicklung einer Insulinpumpe zurückzog, sackte die Gerresheimer-Aktie erst einmal um 7 % ab. Umgekehrt gilt aber: Haut die Tochter Sensile noch mal mit einer innovativen Pumpe in den Markt, wird die Gerresheimer-Aktie gleich 10 oder 20 % teurer sein.
Das mag ich an der Aktie. Im Kern kaufen wir hier ein eher konservatives und belastbares Geschäftsmodell ein, aber eines mit gewissem (positivem) Überraschungspotenzial. Ferner mag ich an der Aktie, dass sie aktuell ziemlich günstig bewertet ist. So weist die Aktie auf Basis der für dieses Jahr erwarteten Gewinne einen KGV-Faktor von knapp 17 auf. In der Vergangenheit war sie nicht selten doppelt so teuer.
Auch die Lektüre des letzten Quartalberichtes hat mir Freude bereitet. So steigerte das Verpackungsgeschäft Glas den Umsatz organisch um 24,5 % und nach Berücksichtigung positiver Währungseffekte sogar um 31,2 %. Dabei ist mir ein Satz aus dem Geschäftsbericht besonders ins Auge gestochen. Ich zitiere:
„Der Zuwachs der Umsatzerlöse … profitierte dabei erneut von Preiserhöhungen aufgrund durchleitbarer Beschaffungspreise.“
Ich übersetze: Gerresheimer verfügt über große Preissetzungsmacht. Und wenn der Rohstoff – hier konkret Quarzsand – teurer wird oder die Betriebskosten aufgrund hoher Strompreise steigen, dann zahlt der Kunde der Gerresheimer diese sog. Kosteninflation. Ich habe in den letzten Wochen einige Quartalsberichte durchgearbeitet. Einen solchen oder ähnlichen Satz habe ich dabei bei keinem anderen Unternehmen gelesen. Hoffen wir, dass der Geschäftsbericht zum 4. Quartal bzw. Gesamtjahr – am 23. Februar – genauso angenehm wird.
Ich kaufe die Aktie für den Risikoanteil meines Depots (NextGeneration). Kaufen Sie die Aktie zu Kursen bis 77 Euro, entweder auf Xetra oder auf Tradegate. Ich setze die Gewichtung der Aktie im NextGeneration-Depot bei 8 % an.
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Dividendenrechner:

Gerresheimer AG
WKN / ISIN: A1CTQA / US8545021011
3-Jahres-Chart in EUR

